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Hero-Image Verfassungsbeschwerde (Verfassungsgericht Gebäude)

Beschwerdebefugnis

Zur Beschwerde befugt ist grundsätzlich jedermann, der erklärt, durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt worden zu sein, vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG.

Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar von der fraglichen Rechtsverletzung betroffen sein (BVerfGE 1, 97). Folglich sind Popularklagen in Strafsachen unzulässig.

Der Betroffene muss die Möglichkeit der Rechtsverletzung darüber hinaus substantiiert begründen, also positiv und nachprüfbar darlegen.

 

  1. Enumerationsprinzip

Die Aufzählung gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG ist vom Gesetzgeber abschließend formuliert worden. Nur die Grundrechte aus Art. 1 bis 19 GG und die im Katalog der grundrechtsgleichen Rechte können dargelegt werden.

  1. EMRK-Verstöße und sonstiges Völkerrecht

Im Zuge des Grundsatzes des beschleunigten Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 EMRK, werden immer häufiger Verstöße gegen die Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gerügt. Obgleich die Regelungen der EMRK auch unter Heranziehung des Art. 20 Abs. 3 GG zu berücksichtigen sind, besteht nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Möglichkeit, EMRK-Rechtsverletzungen mittels Verfassungsbeschwerde zu rügen (BVerfGE 10, 271). Gegen die gänzliche Nichtberücksichtigung kann im Wege eines Verstoßes gegen diese Pflicht jedoch Verfassungsbeschwerde eingelegt werden.

  1. Erweiterte Prüfungskompetenz

Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich das Vorliegen von spezifischen Verfassungsverstößen. Einzelheiten des vorangegangenen Strafurteils sind kein Prüfungsgegenstand im Verfassungsbeschwerdeverfahren.

Verfassungsverstöße bei strafgerichtlichen Entscheidungen sind nur dann zu bejahen, wenn in Betracht kommende Grundrechte erst gar nicht erkannt oder die Tragweite des erkannten Grundrechts verkannt wurde und das Urteil auf diesem Mangel erwächst.

Sind Gesetzesanwendungen jedoch völlig unverständlich oder erregen diese den Anschein, aufgrund von sachfremden Erwägungen getroffen worden zu sein, hebt das Bundesverfassungsgericht im Wege des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG auch einfachrechtliche Rechtsverletzungen auf (BVerfGE 4, 1).

  1. Selbstbetroffenheit

Allgemein gilt: Wer Adressat der Maßnahme ist, ist auch selbst betroffen. Handelt es sich um eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde, so muss der Beschwerdeführer jedenfalls Normadressat sein.

Die Durchsetzung fremder Rechte – in Wege einer Prozessstandschaft – sind in der Regel also nicht möglich (BVerfGE 2, 292).

  1. Selbstbetroffenheit des Rechtsanwalts

Der Rechtsanwalt kann selbst eine Verletzung geltend machen, wenn er bspw. in seinem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt wird, indem er ohne fundierte Begründung seiner Stellung als Verteidiger entzogen wird (BVerfGE 22, 114).

  1. Betroffenheit der Eltern und Erziehungsberechtigten

Ist ein Jugendlicher nach Jugendstrafrecht verurteilt worden und erwartet ihm bspw. eine Sanktion wie etwa die Heimunterbringung, so sind die Erziehungsberechtigten möglicherweise selbst in ihrem Recht aus Art. 6 Abs. 2 GG betroffen.

  1. Familienangehörige bei Ausweisung

Die Ausweisung eines Familienmitglieds kann die restlichen bleibeberechtigten Angehörigen möglicherweise in eigenen Rechten verletzen (BVerfGE 76, 1).

  1. Gegenwärtigkeit und Unmittelbarkeit

Die Maßnahme muss aktuell einwirken und ohne weiteren Zwischenakt die rechtliche Stellung des Betroffenen verändern. Das heißt, der Beschwerdeführer kann sich auch nur gegen solche Maßnahmen wehren, welche auch gegen ihn erwirkt wurden. Es sei denn, es handelt sich um sich selbst vollziehende Normen, sog. self-executing Normen, welche ein Abwarten unzumutbar machen (bspw. Verbote i.S.v Strafnormen des StGB oder des OWiG, welche mit Sanktionen verbunden sind), sodass der Unmittelbarkeitsgrundsatz hier erweitert wird.