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Hero-Image Verfassungsbeschwerde (Verfassungsgericht Gebäude)

Erschöpfung des Rechtsweges

Tatsächliche Rechtswegerschöpfung

Sofern vorab alle möglichen und gesetzlich normierten Maßnahmen seitens des Beschwerdeführers im Wege des fachgerichtlichen Instanzenzugs ergriffen wurden, die ihm zur Verfügung stehen, ist der Rechtsweg erschöpft. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist demzufolge immer die letztinstanzliche Entscheidung.

 

  1. Positivrechtlich geregelte Rechtsbehelfe im Vorverfahren

Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog zu stellen. Typischerweise werden im Wege des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Maßnahmen gegen den jeweiligen Betroffenen eingeleitet, welche nach Einstellung des Verfahrens beendet und somit auch kein Gegenstand einer anfechtbaren Entscheidung sind. Hiervon ungeachtet wurden möglicherweise dennoch Grundrechte verletzt, gegen welche sich der Betroffene sodann mittels § 98 Abs. 2 S. 2 StPO wehren darf. Die Vorschrift greift auch dann, wenn gegen den Betroffenen Maßnahmen ergriffen wurden, die bis zur Entscheidung andauern, jedoch auf Grund ihrer zeitlichen Dauer unzumutbar sind.

  1. Positivrechtlich geregelte Rechtsbehelfe im Hauptverfahren

Gegen gerichtliche Entscheidungen im Strafverfahren sind zunächst sämtliche Rechtsmittel einzulegen. Relevant sind vor allem die Berufung, §§ 312 ff. StPO, die Revision gem. §§ 333 ff. StPO und die Beschwerde, §§ 304 ff. StPO.

  1. Rechtsbehelfe im Strafvollzugs- und Untersuchungshaftrecht

Hinsichtlich der Haftprüfung ist ein Antrag nach § 119 Abs. 6 StPO notwendig.

  1. Außerordentliche Rechtsbehelfe

Nach der weiten Auslegung des § 33a StPO sollen im Übrigen die Fachgerichte vorgeschaltet werden. Es besteht sodann die Möglichkeit einer gesetzlich ungeschriebenen Selbstkorrektur der Fachgerichte im Zuge der Gegenvorstellung sowie der nachträglichen Anhörung.

Soweit eine Anhörungsrüge gem. §§ 33a, 311a, 356a StPO jedoch gesetzlich vorgesehen ist, muss der Betroffene allerdings auch von diesem Rechtsbehelf Gebrauch machen. Die Einlegung der Anhörungsrüge ist nur dann nicht notwendig, wenn sie nach Rechtsauffassung des Fachgerichts offensichtlich keinen Erfolg haben wird (BVerfGK 7, 403). Darüber hinaus muss von jeder einzelnen Rüge form- und fristgemäß Gebrauch gemacht worden sein. Hält der Betroffene sich nicht an den Grundsatz der Rechtswegerschöpfung, sanktioniert das Bundesverfassungsgericht dieses Vorgehen insofern, dass es die Verfassungsbeschwerde schon mangels Zulässigkeit scheitern lässt.

  1. Rückverweisende Revisionsurteile

Bei rückverweisenden Revisionsurteilen ist der Rechtsweg nicht erschöpft (BVerfGE 82, 236). Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch dann zulässig, wenn sich die Rückverweisung lediglich auf die Rechtsfolgen bezieht, da der Schuldspruch hierdurch nicht beseitigt und mit Eintreten der Rechtskraft auch nicht mehr anfechtbar wäre.

  1. Einlegung offensichtlich unzulässiger Rechtsbehelfe

Bei Einlegung offensichtlich unzulässiger Rechtsbehelfe beginnt der Fristablauf nicht von vorn.

  1. Zweifelhafte zulässige Rechtsbehelfe

Ist ein Rechtsbehelf nicht offensichtlich unzulässig, sondern nur zweifelhaft, muss der Betroffene hiervon Gebrauch machen und die Fachgerichte über die Zulässigkeit entscheiden lassen.

  1. Unzumutbarkeit der Rechtswegerschöpfung

Die Unzumutbarkeit der Rechtswegerschöpfung wird in der Praxis nur selten angenommen. Dies wäre dann der Fall, wenn dem Beschwerdeführer auf Grund dieser Regelung einen schweren und unabwendbaren Nachteil erleiden würde. Sollte jedoch ein solcher Fall vorliegen, kommt eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG in Betracht, wenngleich diese einer reinen Ermessensentscheidung seitens des Gerichts entspricht. Der Betroffene hat hierdurch keinen Anspruch auf eine gebundene Entscheidung.

  1. Vorabentscheidung, § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG

Gem. § 90 Abs. 2 S. 2 BVerfGG kommt eine Vorabentscheidung seitens des Bundesverfassungsgerichts ausnahmsweise dann zutrage, wenn der Betroffene durch das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung bzw. der Subsidiarität ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde oder wenn die sofortige Entscheidung des Gerichts von besonderer allgemeiner Bedeutung ist.

Eine Vorabentscheidung kann dann zweckmäßig und notwendig sein, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage von essenzieller verfassungsrechtlicher Relevanz ist und eine Klarstellungsfunktion für eine Vielzahl ähnlicher Fälle schaffen würde (BVerfGE 19, 288). Ein reines politisches Interesse oder etwaiges Aufsehen auf Grund von Prominenz des Betroffenen genügt nicht.

Ein schwerer unabwendbarer Nachteil liegt nur in sehr seltenen Fällen vor, bspw. dann, wenn die Verjährung der Verfolgung eingetreten ist und der Betroffene in seinen Persönlichkeitsrechten belastet wird.

Ein reiner finanzieller Nachteil reicht nicht aus (BVerfGE 9, 120).